Herausgabe von Dokumenten beim „Ausscheiden“ aus dem Betrieb

Als Arbeitnehmer wird man während der Arbeitszeit regelmäßig mit geheimen Geschäftsdokumenten des Unternehmens konfrontiert. Wie ist die Sachlage jedoch nach einer Kündigung? Was geschieht mit den Arbeitsunterlagen? Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in ihrem Urteil vom 01.09.2016 hierzu entschieden (5 Sa 139/16), dass Arbeitnehmer nach ihrer Kündigung verpflichtet sind, sämtliche Dokumente herauszugeben, die die Arbeit betreffen.

Sachverhalt:

Die Beklagte arbeitete ab dem 01.09.2013 für die Klägerin als Vertriebsleiterin für den Geschäftsbereich „Abpackgeschäft“. Nach § 2 Abs. 5 des geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Beklagte dazu verpflichtet, beim Ausscheiden sämtliche betrieblichen Arbeitsmittel und Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften und Kopien und auch selbst gefertigte Aufzeichnungen an den Arbeitgeber herauszugeben. Ferner bestünde ein Anspruch auf Zurückbehaltung für den Arbeitnehmer nicht.

Am 20.04.2015 wurde die Beklagte fristlos gekündigt, da sie vertraute Unternehmensdaten auf ein externes Speichermedium übertragen hatte. Hierbei handelte sich insbesondere um das Kontaktverzeichnis aller Kunden, Lieferanten, Banken und Versicherungen, die Kontraktübersicht, das heißt eine Zusammenfassung sämtlicher Verträge und zuletzt um das Warenwirtschaftssystem, woraus sich alle Warenein- und -ausgänge entnehmen lassen.

Gegen diese Kündigung erhob die Beklagte eine Kündigungsschutzklage, die jedoch in zwei Instanzen abgewiesen wurde. Die Klägerin begehrte dagegen die Herausgabe der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und eine nachweisliche Vernichtung jener Daten. Des Weiteren solle die Beklagte Auskunft darüber erteilen, wem sie die Daten übermittelt hatte und gegebenenfalls Schadensersatz leisten.

Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in dieser Angelegenheit überwiegend zugunsten der Klägerin entschieden.

Der Herausgabeanspruch ergibt sich zum einen aus § 2 Abs. 5 des Arbeitsvertrages. Unter dem Begriff „Ausscheiden“ versteht hierbei man das tatsächliche Ausscheiden der Beklagten aus dem Betrieb. Mittels der fristlosen Kündigung ist die Beklagte aus dem Betrieb ausgeschieden. Hierbei ist auch unbeachtlich, dass die fristlose Kündigung zu dem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig war. Ferner kommt die Beklagte ihrer Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht nach, indem sie behauptet, sie habe die Daten unbewusst mitkopiert. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer die Unterlagen, die er während des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen hat (§ 667 Alt. 1 BGB) und die er durch einen Schriftverkehr mit Dritten erhalten hat (§ 667 Alt. 2 BGB), nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses sowieso nach § 667 BGB herausgeben. Davon ausgenommen sind nur private Aufzeichnungen. Des Weiteren gibt es keine Grundlage, aufgrund derer sich die Beklagte auf das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB an diesen Geschäftsunterlagen berufen könne. Auch steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zu, das heißt die Beklagte ist dazu verpflichtet, die Aufzeichnungen nicht für Wettbewerbszwecke zu verwenden. Es ist der Beklagten nicht gestattet, die Geschäftsgeheimnisse offenkundig zu machen, da sie nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind und die Klägerin auch ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besitzt. Allerdings ist die Beklagte nicht zu einer Ersatzpflicht verpflichtet, da die Klägerin keine Tatsachen darlegen konnte, aus denen zukünftige materielle Schäden resultieren könnten.

Fazit:

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass Arbeitnehmer dazu verpflichtet sind, geheime Dokumente nach Ausscheiden aus dem Betrieb herauszugeben. Diese Pflicht ist noch deutlicher, wenn der Herausgabeanspruch von Unterlagen, Kopien, Aufzeichnungen usw. und der Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten ausdrücklich vereinbart worden ist, was in der Praxis regelmäßig geschieht. Dies gilt insbesondere auch für Daten, die in Form von USB-Sticks gespeichert werden. Die Entscheidung und die Konsequenz für die Mitarbeiterin zeigt, wie sensibel Arbeitnehmer mit dem Thema umgehen müssen.

Guido Wurll
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt